„250 bis 300 Entscheidungen hat ein Schiedsrichter pro Spiel zu treffen“, überraschte Meier das Publikum im voll besetzten „Oranier-Saal“. Mit einer anderen Zahl sorgte er ebenso für Staunen als auch für Schmunzeln. „Was glauben Sie, wie viel reine Spielzeit zu sehen ist? Im Durchschnitt sind es 52,4 Minuten, in denen Fußball gespielt wird. Den Rest der Zeit liegen die Spieler auf dem Boden rum und diskutieren“, sagte er mit einem Augenzwinkern.

Fairplay nimmt eine große Rolle ein

Im Sport wie in Unternehmen gebe es Regeln, die für den Erfolg zu beachten seien. Fairplay nehme dabei eine große Rolle ein. „Man sollte überlegen, ob man dem Gegenüber mit einer Entscheidung schadet. Kann man dies mit ja beantworten, dann ist es kein Fairplay“, zeigte Meier auf. „Firmen, die langfristig Erfolg haben, sind die, die auch an die Lieferanten und an die Kunden denken.“

Dafür müssen Entscheide getroffen werden, die viele kleinere Entscheide nach sich ziehen. Dies bedeute, Risiken einzugehen, aber auch damit zu leben, dass sich die Sichtweisen im Laufe der Zeit ändern. Ein Beispiel aus dem Fußball: „Bei der EM 2000 waren 24 verschiedene Kameras im Einsatz, heute sind es über 40.“

Ein wichtiger Faktor sei auch die Teamarbeit. „Ein gutes Team funktioniert so: Bauen Sie die Hierarchien ab und erarbeiten sie gemeinsam Lösungen, die man dem Kunden präsentieren kann.“ Es gebe nur eine Ausrichtung und nur eine Sprache: „Alles andere ist kein gut funktionierendes Team.“ Und im Fußball? „Bei der EM 2004 durften wir Schiedsrichter zum ersten Mal in Teams arbeiten. Die Schieds- und die Linienrichter haben sich gemeinsam vorbereitet – das war eine sehr gute Entscheidung.“

Die unschönen Seiten des Schiedsrichter-Daseins

Meier, der in seiner aktiven Karriere einer der weltbesten Schiedsrichter war, hat aber auch die unschönen Seiten des Spielleiter-Daseins erleben müssen. Er wurde bedroht. Englische Boulevardjournalisten wühlten in seiner Vergangenheit, konnten aber nichts finden, erfanden dann einfach etwas und breiteten vor dem Unternehmensgebäude Meiers in der Schweiz eine riesige englische Fahne aus. „Das hat man im Zweiten Weltkrieg getan, um den Bombern das Ziel zu markieren“, sagte Meier.

Warum? Meier war im EM-Vorrunden-Spiel 2000 zwischen England und Rumänien der Unparteiische. Bei einem Unentschieden wären die Engländer weiter gewesen. In der 88. Minute gab der Referee einen (berechtigten) Foulelfmeter für Rumänien. England fuhr nach Hause.

Was sich anschließend in seinem Heimatort in der Schweiz abspielte, forderte vom Gemeindepräsidenten eine schnelle Entscheidung. Meier und seine Firma bekamen Schutz. „Doch dann wurde der Gemeindepräsident kritisiert, auch von anderen Kommunalpolitikern. Man hätte darüber im Parlament sprechen und diskutieren müssen“, berichtete Meier. „Doch wenn in dieser Zeit etwas passiert wäre, wäre die Kritik noch lauter gewesen.“ Führungskräfte, auch in Unternehmen, hätten Entscheidungen zu treffen. Selbst keine Entscheidung sei eine Entscheidung, wie das Beispiel Meiers zeigte.

Hinter allem stehe das klare Ziel, das man erreichen wolle, im Sport und in der Wirtschaft: „Will man ganz nach oben, auf den Mount Everest, dann ist das der schwierigste und gefährlichste Aufstieg. Oder will man auf die Zugspitze, das Matterhorn oder die Fuchskaute?“ So sei auch wichtig, welcher Außendienstmitarbeiter welche Kundschaft besucht: „Das kann entscheidend sein.“

Collina und Kahn – zwei starke Persönlichkeiten

In den Chefetagen brauche es Persönlichkeiten. „Führungsleute haben merkwürdig zu sein. Schauen Sie sich Pierluigi Collina, einen der weltbesten Schiedsrichter, oder Oliver Kahn an“, wies Meier auf starke Persönlichkeiten hin.

Und auch da plauderte der Schweizer aus seiner Zeit auf dem Rasen: „Bei dem WM-Halbfinale 2002 Deutschland gegen Südkorea drehte sich Oliver Kahn zu mir um und schaute mir einfach in die Augen. Das machen ihre Kunden genauso. Sie wollen von ihnen wissen, ob das Produkt wirklich gut ist. Kahn wollte mich mit seinem Blick fragen, bist Du fair genug, bist Du stark genug. Ich habe ihm vermittelt: Ja, das bin ich.“

Im Zusammenspiel in einem Unternehmen bildeten die Motivation der Mitarbeiter, Durchsetzungsvermögen und die Fähigkeit, Menschen zu mögen, weitere wichtige Standbeine: „Man muss zeigen, ich bin für Dich da, egal woher Du kommst, wie Du heißt, welche Hautfarbe Du hast. Wenn ich das vermitteln kann, dann kann ich führen und leiten.“

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


*